Hadrian’s Wall Path

Nach einer nun doch etwas längeren Pause von der Reiserei sollte es nun im Mai 2015 wieder soweit sein mit Rucksack und Wanderschuhen bewaffnet ein neues Land zu erkunden. Dieses Mal war das Ziel ein Fernwanderweg, was für mich bis dato Neuland war. Klar, habe ich einige Trekkingtouren gemacht, aber 132km mit komplett eigenen Gepäck, Verpflegung usw sind doch schon etwas anderes, als eine organisierte Tour in einem fremden Land. Aber warum nicht und so wild kann es ja nicht sein …. dachte ich mir. 🙂

HWall_420Ziel war also der Hadrian’s Wall Path. Eine Wanderstrecke im Norden Englands, die Kaiser Hadrian zum Schutz vor den „Wilden“ im Norden errichten ließ. Der Wall erstreckt sich von West (Bowness on Solway) nach Ost (Newcastle) und hat eine Länge von 132km. Dabei war das Bauwerk ca. 3m breit und zwischen 3m und 5m hoch. Zusätzlich wurde das Ganze noch durch den Vallum und Ditch zusätzlich abgesichert. Ein beachtliches Werk, wenn man bedenkt, dass es 122 – 128 n.Chr schon gebaut wurde. Ein Großteil der Mauer wurden mittlerweile abgetragen und zum Bau von Strassen, kirchen und Häusern verwendet. Ein beachtlicher und wirklich sehenswerter Teil der ehemals 320 Türme, 17 Kastelle und 80 Tore auf der 132km langen Strecke ist aber immer noch sichtbar und touristisch gut mit Museen, Forts und Unterkünften ausgestattet.

Hadrianswall-cross-section
Quelle: http://www.romeacrosseurope.com

Hadrians_wall_750

Wie auf dem unteren Bild zu sehen, sind die noch sichtbaren Teile eher im mittleren Abschnitt des Weges zu sehen. Dementsprechend sollte man vielleicht seine Routenplanung insofern anpassen, dass man kürzere Strecken im Mittelteil einplant, um mehr Zeit für ausgediegene Besichtigungen zu haben. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt, ist die Wahl des Start bzw. Endpunktes für diesesn Weg. Wir haben uns nach einen Wanderführer gerichtet, der von Ost nach West führt. Dementsprechend hatten wir auf der gesamten Strecke einen ordentlichen Gegenwind. 🙁 Der Wind weht in der Regel immer vom Atlantik in Richtung Osten. Wer also lieber Rückenwind hat, sollte von West nach Ost laufen. Ansonsten ist es aus meiner Sicht eigentlich egal, von wo nach wo man läuft. Also gut, wir sind also von Ost nach West und hatten uns vorgenommen in sechs Tagen, den ganzen Weg zu gehen. Dementsprechend hatten wir die Unterkünfte gebucht und unsere Tage geplant. Von Stuttgart aus ist Newcastle schnell und gut per KLM erreichbar. Mit einem kurzen Zwischenstop in Amsterdam waren wir am 26.05.2015 in Newcastle angekommen. Einen Tag später sollte es losgehen.

Tag 1: Newcastle – Heddon on the Wall
ca. 25km in 6 Stunden

HWP_Day01Nach einem „leckeren“ continental Breakfast laden wir unsere 10-12kg schweren Rucksäcke auf und maschieren los. Unsere Unterkunft liegt ca. 1/2 Meile vor dem offiziellen Start des Weges. Das Wetter ist super, aber der Gegenwind zeigt, dass er uns ab jetzt immer begleiten wird. Am Anfang sind wir auch noch ein bißchen am Hadern mit der Kleiderwahl, denn durch oder im Gegenwind kann es kühl werden, sobald aber die Sonne wieder da ist, wird es direkt sehr warm. HWP_Day01_2Nach ca. 4km haben wir unsere passende Kleiderordnung gefunden und laufen immer schön am Tyne entlang bis wir die city von Newcastle erreichen. Eine moderne Stadt, die sich wunderbar am Tyne präsentiert. Wir geniessen einen Kaffee (natürlich ganz hipp im Starbucks) und laufen weiter am Fluss. Es begegnen einem immer wieder Wanderer, die hier auf ihrer letzten Etappe das Ziel vor Augen haben. Die Engländer sind doch einr echt offenes und zugängliches Völkchen und so kommt man immer wieder in ein kurzes Gespräch.HWP_Day01_3 Auch interessant, der Weg ist auch als Radweg erschlossen und wir sehen einige Biker, die sich auf den Weg machen oder ihn gerade abschließen. Der erste Tag ist hintenraus dann doch recht zäh. Man läuft nur auf Asphalt, der Rücken ist noch nicht an das Gewicht des Rucksacks gewöhnt und Füße und gesamter Körper sind bei uns Bürohengsten auch nicht daran gewöhnt mal den ganzen Tag zu stehen und zu gehen. Dementsprechend sind wir froh das Ziel in Heddon-on-the-wall zu erreichen. Fieses Gimmick; Heddon liegt auf einem Hügel, den es am Ende noch zu erklimmen gilt. Nach einer kleineren Suche haben wir unsere Unterkunft gefunden und können den wohlverdienten Feierabend genießen.

Tag 2: Heddon on the Wall – Chollerfort (Greencarts)
ca. 30km in 9 Stunden

HWP_Day02_1Ok, nach dem ersten Tag waren wir doch recht platt und nach dem aufstehen ging alles noch recht schwer, aber nach einigen Metern ging es wieder und das schöne Wetter machte Freude auf den Tag. Das musste es auch, denn es war die längste Etappe der Tour. Immerhin waren wir gut gestärkt, denn die Bäuerin aus dem B&B zauberte uns einen Frühstücksburger, der so mächtig war, dass wir bis zum abend keinen wirklichen Hunger mehr hatten. Die ersten 5 Meilen gehen schnell rum und an einem kleinen See Whittle Dene rasten wir kurz. Leider wirklich nur kurz, da es nun anfing ordentlich zu schütten und mit dem permanenten Gegenwind machte es richtig „Spaß“. 🙂 HWP_Day02_2Ab dem Schauer war das Wetter extrem unbeständig und wechselte zwischen warmen Sonnenschein und Regen oder starken Böen ab. Englisches Wetter nennt man das wohl. Nun ja, wir laufen tapfer weiter und kommen dem Ziel näher. Etwas nervig ist leider, dass der ganze Weg parallel zu einer stark befahrenen Straße verläuft. Nach ca. der Hälfte des Weges sehen wir auch das erste stück des Walls und sind nochmal motoviert den Rest des Weges auch zu meistern. Zum Ende hin haben wir dann aber doch schwere Füße und die Fußsohlen brennen. Zum Abendbrot lassen wir uns indisches Curry liefern und genießen ordentlich die kalte Cola. Wir hatten an dem Tag echt Glück, denn wir waren die einzigsten Gäste für den Tag. Somit hatten wir das ganze Haus für uns.IMG_2788

Tag 3: Chollerfort (Greencarts) – Burnhead B&B
ca. 20km in 6 Stunden

HWP_Day03_1Nach zwei wirklich anstrengenden Tagen sollte nun mal eine kürzere Etappe folgen. Vor allem aber ließ die Vorfreude auf den folgenden Abschnitt uns leichter vorankommen, denn ab diesem Abschnitt gabs endlich viel Mauer zu sehen. Das Wetter war Anfangs noch sehr unbeständig und es regnete, aber das sollte sich auch ändern und es war in Summe ein schöner Tag. Auf diesem Abschnitt gibt es echt viel zu sehen, alte Wachtürme an den Milecastles, einen alten Heiligenschrein und viel Wall, der sich wunderbar durch die Landschaft schlängelt. Das Gelände wird auch hügeliger und man geht immer schön auf und ab und kann die wunderbaren Aussichten genießen.HWP_Day03_2 Diese Etappe sollte man am besten in zwei Tagesetappen aufteilen, um einfach mehr die Museen usw an der Wegesstrecke sehen zu können. Wir haben keineswegs gebummelt beim Laufen, aber mit Bilder machen, mal einem kleinen Essensbreak und Pinkelpause braucht man schon gut die 6 Stunden für die 20km. Das liegt auch daran, dass man oft über die kleinen Leitern an den Steinmauern und Zaungatter gehen muss. Diese kleinen Dinge kosten Zeit, die uns leider fehlte, um in Ruhe alles anzuschauen. Aber so hat man eingen Grund vielleicht nochmal hinzufliegen. 😉 Wie gesagt, auf diesem Stück gibt es viel zu sehen. Aus meiner Sicht sind Housesteads und Vindolanda zwei „Must See“, für die man sich 2 Stunden Zeit nehmen sollte. Da es teilweise sehr steil hinaufging und zwischdurch sehr stark regnete nutzten wir die Wege um die Hügel herum. Ich denke das sollte man in so einem Fall immer tun, denn die Gefahr eines Gewitters ist hier nicht zu unterschätzen, wie wir am Ende der Tour auch noch erleben durften. Ein weiteres cooles Gimmick auf dem Weg ist Sycamore Gap. HWP_Day03_3Bekannt ist die Stelle aus dem Film „Robin Hood“ mit Kevin Costner, an dem eine Schlüsselszene des Films gedreht wurde. Der Ahornbaum liegt malerisch in einer Senke und gibt ein wunderbares Motiv ab. Man muss nicht extra hinlaufen, da die Stelle direkt am Wall liegt. Nach Steel Rigg kommt man auch am höchsten Punkt des Weges vorbei. Auf ganze 345 müNN haben wir uns mittlerweile gearbeitet. Die Ausblicke sind immer wieder atemberaubend schön. Leider hatte ich ab da Probleme mit meinem rechten Knöchel. Irgendwie hatte ich eine kleine Druckstelle, die den ganzen Tag ein bisschen nervte, bis es mir einmal richtig reingefahren ist. Naja, man wird halt echt nicht jünger und ich habe mich die letzten 2 Meilen durchgeschleppt. Nachdem ich die halbhohen Stiefel ausgezogen hatte ging es auch gleich wieder. Untergebracht waren wir an dem Tag im Burnhead B&B. Ein wunderbares Haus mit sehr netten Gastgebern, die uns sogar schon einen Tisch im nahegelegenen Pub reserviert hatten, damit wir gemütlich essen gehen konnten. Das Burnhead B&B ist wirklich zu empfehlen und wir haben die Nacht dort sehr genossen. HWP_Day03_4

Tag 4: Burnhead B&B – Lanercost Priory
ca. 20km in 6 Stunden

Nach einem wunderbaren Frühstück machten wir uns auf den Weg. Die Sonne strahlte und uns pfiff ein ordentlicher Wind entgegen, aber die Sehenswürdigkeiten des letzten Tages, die Gewissheit schon mehr als die Hälfte bewältigt zu haben und das schöne Wetter ließen uns motoviert voranschreiten. Es geht immer wieder über Rinderweiden und Schafswiesen. An dieser Stelle muss man sagen, dass der Weg ausser in den Städten nur über Weiden geht und man munter zwischen Kuhmist und Schafsköddel hinundher springen darf. 😉 HWP_Day04_1Wer also keine Kacke am Schuh mag, ist auf diesem Wanderweg falsch. Wir kommen schnell voran an dem Tag und schlängeln uns wie der Wall schnell durch Nordengland. Unsere Unterkunft ist direkt an der Lanercost Priory im Lancost Priory B&B. Unsere Erwartungen waren hoch, denn es war die mit Abstand teuerste Unterkunft der Tour. Dort angekommen wurden wir etwas enttäuscht. Es ist zwar ein wunderschönes Haus und wunderbar im Kolonialstil eingerichtet, aber so richtig auf Wanderer schienen sie uns nicht eingerichtet zu sein. Die Gastgeber schienen etwas reserviert zu sein, was wohl auch daran lag, dass wir zur besten Teatime eingetroffen sind. 😀 Egal, das Zimmer war schön und wir haben es uns schön gemacht. Es war alles da zum Sachen trocknen und ein geräumiges Bad war auch da. Alles wirklich sehr schön gemacht. Zum Abend essen sind wir mit dem Taxi in ein Pub gefahren, da es in Lancercost nichts gibt. Das war aber auch OK und wir genossen das Abenteuer „Linksverkehr“. Hölle!

Tag 5: Lanercost Priory – Carlisle
ca. 22km in 6 Stunden

HWP_Day05_1Das Frühstück im B&B war echt super und wir hatten sehr angenehme Tischnachbarn aus England. Sie berichteten uns von den tollen Museen in der Nähe, was uns etwas neidisch machte. Wir starteten dann doch sehr schnell in den regnerischen und windigen Tag, aber mittlerweile hatten wir uns an das Wetter gewöhnt, wußten welche Kleiderordnung wir benötigten, um nicht naß zu werden und freuten uns auf Carlisle, denn ab da war das Ziel greifbar nahe. Der Weg wurde einfacher und flacher und auch das Wetter wurde besser.HWP_Day05_2 Ein Nachteil war aber, dass es alles doch bewohnter und bebauter wurde und man weniger wiete Blicke genießen konnte. Durch den vielen Regen des Vortages waren die Wiesen arg matschig und die Strecke aufgrund einer Überflutung sogar teilweise gesperrt. Wir nehmen den trockenen Weg an der Strasse entlang. Das war auch OK und gab ein paar schicke Ortschaften zu sehen. Kurz vor Carlisle machen wir noch ein gemütliche Rast auf einer Wiese und genießen die Sonnte, bevor wir unser Etappenziel erreichen. Carlisle entpuppte sich als wunderbares Städtchen, wo man auch mal einen Tag investieren kann, um sich alles in Ruhe anzuschauen. Die Stadt war ein strategisch wichtiger Ort, als Schottland und England noch zwei verschiedene Königreiche waren. Dementsprechend war es schon im Mittelalter ausgebaut und das Castle und die Kirche inklusive schöner Altstadt geben viel Sehenswürdigkeiten her. Wir essen bei einem Italiener in einem der ältesten Häuser der Stadt, nachdem wir einen kleinen Rundgang durch die City gemacht hatten.

Tag 6: Carlisle – Bowness on Solway
ca. 22km in 6 Stunden

HWP_Day06_1Ja so schnell gehts dachten wir, als wir vor unserer letzten Etappe am Frühstückstisch saßen. Klar, die Füße und sämtliche Bänder und Knochen waren arg in Mitleidenschaft gezogen, aber man kommt voran und die Zeit vergeht wie im Fluge. Wir gönnen uns ein dickes Frühstück mit Rührei und Kartoffelröstis. Alles sehr lecker. Bevor wir zurück auf den Weg gehen, kaufen wir noch ein bisschen Wasser und Riegel ein. Anfangs ist das Wetter noch wunderbar sonnig und wir kommen schnell voran. Zu sehen gibt es vom Hadrians Wall hier leider nichts mehr und es ist eher eine Wandertour durch das Randgebiet einer Stadt. Irgendwann kippt auch das Wetter und neben starken Wind bekommen wir auch noch ordentlich Regen auf den letzten Meilen. Nach einer ewig langen Gerade zwischen Dykesfield und Drumburgh finden wir in Drumburgh einen Minitearoom, wo man sich einen Kaffee aus dem automaten lassen kann und es auch eine Toilette gibt. Dort zogen wir uns um, damit wir trocken durch den Regen kommen. Die letzten Meter gehen immer an der Küste entlang und wir fragen uns die ganze zeit, warum das Wasser so braun ist. Als wir dann Nahe genug dran waren, sahen wir, dass Ebbe war und man gar keion Wasser sah, sondern nur den schlammigen Boden. Quasi wie das Wattenmeer an der Nordsee, nur kleiner. Durch den Regen und bei ordentlich Gegenwind laufen wir dem Ziel entgegen. Nach ca. 6h ist es dann soweit und wir erreichen Bowness-on-Solway und den offiziellen Endpunkt des Weges. 132km Wanderweg lagen hinter uns und wir sind megahappy es geschafft zu haben, denn es ist alles andere als ein Spaziergang gewesen. Übernachten tun wir in einem Wigwam. Ein kleines Häuschen, das aussieht wie ein Zelt, aber allen Kompfort bietet, den man braucht. Ich fand es eine super Idee so ein Teil als Unterkunft. Es war warm und ausreichend groß für zwei Personen. Den Abend genossen wir im einzigsten Pub in Bowness bei guten Essen, englischem Ale und einem Whisky. Ein rundum gelungener Abschluß!
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Fazit: Der Hadrian’s Wall Path lohnt sich defintiv zu gehen. Wunderbare Landschaften, nette Leute und Pubs und viel Kultur und Geschichte, wenn man genügend Zeit einplant. 132km, auf die man sich vorher mit mehreren Wandertouren vorberieten sollte, damit einem nicht so die Füße wehtun, wie uns … oder wir sind halt doch schon alt. 😉

Mehr Bilder dann als Album unter Fotos.

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